Die österreichische Fotografin Ana Barros fotografiert erst seit acht Jahren, und dennoch hat sie bereits ein unglaubliches Gesamtwerk geschaffen. Ana veröffentlicht ihre Arbeiten auf Instagram (genau wie der Rest der aSe7ens) und hat bereits mehr als 362.000 Follower in dem sozialen Netzwerk – eine Zahl, die täglich weiterwächst. Kurz nach unserer Zeit in Tokio haben wir in einem Telefoninterview mit ihr über ihren Einstieg in die Fotografie, darüber wie ihr Studium an der Universität ihre Arbeit merklich beeinflusst und über Ihre Eindrücke von einer aufregenden Woche in Tokio gesprochen.
Wie lange fotografieren Sie schon?
„Eigentlich noch nicht so lange. Fotografie habe ich in meinem letzten Jahr an der Universität studiert, das war 2008. Ich absolvierte ein Semester Fotografie, und ich musste die Wäscherei in meinem Universitätsgebäude fotografieren – das war mein Projekt! Ich musste dort mit einem Stativ stehen und darauf warten, dass Leute hereinkamen und wieder hinausgingen. Das war die Zeit, in der ich mit der Fotografie anfing. Aber dann hörte ich auf und fing direkt an, als Architektin zu arbeiten.
„Als dann Instagram herauskam, begann ich es direkt zu nutzen und wurde süchtig danach. Ich fing an, jeden Tag Fotos zu machen, und seitdem habe ich nicht mehr damit aufgehört.“
Als begannen Sie die Fotografie ernsthaft zu betreiben, als Instagram herauskam?
„Das war eigentlich etwas später. Es wurde interessant, als ich erkannte, dass ich über Instagram Feedback bekommen konnte, weil andere Kommentare zu meinen Arbeiten posteten und ich plötzlich nicht mehr nur für mich selbst Bilder machte, sondern damit andere sie sehen konnten. Das war der erste Moment, in dem ich dachte: „Okay, das ist interessant. Das könnte ich jeden Tag machen.“
Wie würden Sie Ihren persönlichen Fotografiestil beschreiben?
„Er hat sich ein wenig verändert. Zu Anfang war er architektonisch, denn das war mein Interessengebiet. Aber dann standen mit durch meine [Instagram] Fangemeinde und meinen Kanal neue Möglichkeiten offen, und ich hatte die Möglichkeit, immer mehr zu reisen. Heute teile ich am liebsten die Orte, an die ich gehe, und nehme die Follower mit, um ihnen diese verschiedenen Orte auf der Welt zu zeigen. Aber natürlich ist die Architektur auch immer noch eines meiner Lieblingsthemen.“
Und finden Sie, dass die Menschen, die Ihnen auf Instagram folgen, ähnlich denken?
"Ja, auf jeden Fall. Die Menschen, die mir seit dem letzten Jahr folgen, interessieren sich für das Thema Reisen, daher posten Sie Kommentare wie: „Jetzt habe ich diesen Ort auf meiner Liste von Reisezielen, weil ich auf deine Bilder gestoßen bin!“ Sie sehen mich als Reiseführerin, die ihnen hilft, ihren nächsten Urlaubsort auszuwählen. Das ist viel Verantwortung!
„Hier haben wir immer noch die Einstellung, dass mehr mehr ist. Aber wir werden irgendwann wie die Japaner werden. Wir werden an den Punkt kommen, an dem uns klar wird, dass wir eigentlich weniger brauchen, um glücklicher zu sein.“
„Ich versuche immer zu erklären, wo ich bin und welche Geschichte dahintersteckt, weil ich weiß, dass das die anderen interessiert. In Tokio habe ich beispielsweise jeden Tag erzählt, wo wir waren und was wir vorhatten, da [meine Follower] sich dafür interessieren. Es geht nicht nur um das Foto, sondern auch um das Erlebnis.“
Was finden Sie als professionelle Fotografin so reizvoll an Instagram?
„Ich denke, das erste ist für mich das schnelle Feedback, das man bekommt. Als ich anfing, hatte ich all diese Aufnahmen und einen Lehrer [an der Universität], der mir sagte: „Okay, dieses hier ist gut“ oder „dieses ist schlecht, du solltest dies oder jenes versuchen“. Aber jetzt habe ich meine Follower da draußen. Ich kann posten, was ich will, und die Leute geben mir dann dieses Feedback. Und das ist wirklich wichtig. Nur mithilfe dieses Feedbacks kann ich mich ändern, und die Reaktion der Menschen zeigt mir, was ich an meiner Art zu fotografieren ändern muss oder nicht ändern muss.
„Und dann ist es natürlich auch eine Inspirationsquelle. Bei Instagram geht es nicht um meine Seite, es geht um das, was ich in meinem Feed sehe. Ich folge Leuten, die mich jeden Tag inspirieren, und dadurch werden meine Bilder täglich besser. Keine andere Plattform bietet das im Moment.“
Wonach suchen Sie, wenn Sie auf Fototour sind?
„Am Anfang fand ich das Fotografieren einfacher, aber jetzt ist der Druck größer und die Bilder müssen spezieller sein. Wenn ich einen schönen Ort mit schönen Farben sehe und das Licht gut oder das Schattenspiel interessant ist...wenn all diese Faktoren in einem Bild zusammenkommen, weiß ich, dass ich etwas Besonderes vor mir habe.
„Als Instagrammer sind wir uns dessen bewusst, dass man unseren Bildern etwa eine Sekunde Aufmerksamkeit schenkt. Also müssen solche Bilder die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich ziehen. Natürlich nutzen [wir aSe7ens] Instagram schon lange genug, um ungefähr zu wissen, welche Faktoren die Aufmerksamkeit der Leute erregen. Also versuchen wir, so etwas aufzustöbern, wenn wir unterwegs sind. Vielleicht ist es eine Aufnahme mit einer guten Perspektive oder einem tollen Farbkontrast...etwas, von dem wir wissen, dass es den Leuten gefällt und sie dazu verleitet, „gefällt mir“ anzuklicken und uns ihre Zeit zu widmen.“
Sie haben uns zusammen mit den anderen aSe7en Fotografen begleitet, um das 70-jährige Jubiläum von Sony zu feiern. Wenn Sie den Namen Sony hören, was bedeutet er für Sie?
„Sony ist eine Referenz für alles! Es ist das Beste. Wenn ich an Kameras denke, fällt mir Sony ein. Wenn ich an Fernseher denke, fällt mir wieder Sony ein. Für mich war Sony schon immer da und schon immer ein Standard. Es steht wirklich für Qualität.“
Jeder Fotograf wurde gebeten, sich während des Aufenthaltes in Tokio auf einen speziellen Auftrag zu konzentrieren. Ihrer lautete „perfekte Schlichtheit“. Wie haben Sie versucht, den Auftrag während unserer Zeit dort zu interpretieren?
„Ich habe mich wirklich gefreut, als ich den Auftrag bekam, denn das ist genau das, was ich studiert habe – japanische Architektur. Wir lernten viel über Schlichtheit. Und in der Architektur bedeutet sie negativen Raum. Die einzigen, die wirklich wissen, wie man negativen Raum nutzt, sind die Japaner. Sie entwerfen Gebäude genau in umgekehrter Weise wie wir [im Westen]. Sie wissen, was der negative Raum eines Gebäudes ist, und bauen dann alles andere drumherum.
„Ich wusste das, also wollte ich das in meinen Bildern auch umsetzen. Ich wollte darüber nachdenken, was der negative Raum dieses Raums ist. Der leere Raum hat immer eine Form, und diese Form ist immer schön. Sie ist der Kontrast zwischen dem Licht und der Dunkelheit. Der negative Raum ist die Stimme zwischen allen Dingen.“
Dies war Ihre zweite Reise nach Japan. Wie war diese Reise im Vergleich zu Ihrer ersten?
„Sie war völlig anders als meine erste Reise. Beim ersten Mal ging es nur um Architektur. Ich kam gerade von der Universität, und das war die wichtigste Referenz für mich, denn Der Gott der Architektur ist Japan! Aber ich sah nichts so Traditionelles wie dieses Mal. All diese schönen Dinge bedeuteten mir viel mehr, und ich verstand die japanische Kultur viel besser. Dieses Mal sprachen wir mit den Menschen dort, und dadurch konnte ich so viel mehr verstehen. Ich habe wirklich viel gelernt.“
Warum sind Schlichtheit und Minimalismus Ihrer Meinung nach so attraktiv für Japaner?
„Ich glaube, dieses Prinzip der Schlichtheit ist etwas, das die Japaner brauchen. Sie müssen so viele Menschen auf so kleinem Raum unterbringen, aber hier in Wien ist das ganz anders. Einen Raum zu haben bedeutet [ihnen] also viel mehr als uns. Dieser Raum bedeutet ihnen alles, daher geben Sie ihm eine Bedeutung, über die wir uns nicht einmal Gedanken machen. Einen leeren Raum zu haben, in dem man komfortabel denken und fühlen kann, ist für Japaner der ultimative Luxus.
„Als dann Instagram herauskam, begann ich es direkt zu nutzen und wurde süchtig danach. Ich fing an, jeden Tag Fotos zu machen, und seitdem habe ich nicht mehr damit aufgehört.“
„Hier haben wir immer noch die Einstellung, dass mehr mehr ist. Aber wir werden irgendwann wie die Japaner werden. Das ist die Zukunft. Wir werden an den Punkt kommen, an dem uns klar wird, dass wir eigentlich weniger brauchen, um glücklicher zu sein.“
Wie war es für Sie, nach der Reise wieder in Wien zu sein? Glauben Sie, Sie konnten sich Ihr Zen-Gefühl bewahren?
„Dazu kann ich tatsächlich eine tolle Anekdote erzählen. Ich wartete mit Michael [Schulz a.k.a Berlinstagram, auch ein aSe7ens Fotograf] am Flughafen Helsinki auf einen Anschlussflug. Wir waren im Raucherbereich, und plötzlich hörten wir diese junge Frau in ihr Telefon schreien und dann fing eine andere junge Frau an, sich darüber zu beschweren. Wir sahen uns nur an uns sagten, wir sind nicht mehr in Japan!“
Glauben Sie, dass Sie perfekte Schlichtheit in Wien finden könnten?
„Ich würde sagen, dass die Kaffeehäuser ziemlich ähnlich sind. Sie brauchen nur einen Kaffee, eine Zeitschrift oder eine Zeitung, und Sie bleiben den ganzen Nachmittag dort. Das ist eine Tradition hier in Wien, und man sieht täglich Menschen, die das tun. Der Raum ist natürlich nicht so schlicht wie die Räume, die wir in Tokio gesehen haben, aber was sie tun, einfach nur dasitzen, ihren Kaffee trinken und über den Tag nachdenken, ist ziemlich schlicht und schön. Da gibt es definitiv eine Verbindung.“
In mehr als 70 Jahren hat Sony unzählige technologische Innovationen geschaffen. Was würden Sie gerne in den nächsten 70 Jahren von Sony sehen?
„Ich komme gerade von den Filmfestspielen in Cannes zurück, und ich habe viele Gesprächsrunden über die virtuelle Realität und ihre Möglichkeiten gesehen. Man sieht einen Film nicht nur, man fühlt den Film. Man ist mittendrin, und das fand ich sehr spannend. Ich würde mich freuen, wenn Sony dies in die Hand nähme und ein beeindruckendes Virtual Reality-Tool auf den Markt brächte. Es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten.“
Folgen Sie Ana auf Instagram: @anasbarros